Projekt Referenzsystem Feldhühner

 

  

Idee und Hintergrund  

 Rebhuhnkette © Jörg StickenAufgrund der tiefgreifenden Veränderungen in der Agrarstruktur, unter anderem als Folge der Energiewende, haben sich insbesondere in den letzten 10 Jahren die Bedingungen für die Arten der Agrarlandschaft stark verändert. Mit dem Wegfall der obligatorischen Flächenstilllegungen sind in Schleswig - Holstein annähernd 40.000 ha Ackerbrachen in die intensive Nutzung überführt worden. (Veränderungen der Fruchtfolge, frühe Ernte, fast gleichzeitige Beerntung in ganz SH, Beseitigung der Knicks)

Jagdstrecke Rebhuhn. Daten: Jagdberichte des MLUR 1986-2010.Die Rebhuhn-Populationen in Schleswig-Holstein bewegen sich mit ca. 8.000 Brutpaaren auf einem niedrigen Niveau. Bis zu den Schneewintern 1978/ 79 und 1979/ 80 war das Rebhuhn (Perdix perdix) ein Charaktervogel der schleswig-holsteinischen Kulturlandschaft. Größere Populationsrückgänge waren aber schon länger zu verzeichnen  – entsprechend ist der Status in der Roten Liste SH. Dieser Status verdeutlicht die dringende Notwendigkeit für landesweit wirksame Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensbedingungen.
Wesentliche Ursachen des Rückganges sind die steigenden Flächenverluste durch Siedlungsbau- und Infrastrukturprojekte, die anhaltende Pessimierung der Lebensräume durch die intensivierte Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Nutzflächen und der Verlust von vormals ungenutzten Kleinflächen. Ausserdem hat der Prädationsdruck durch die Immunisierung der Fuchspopulation gegen Tollwut, Einwanderung von Neozooen sowie der verstärkte Schutz einiger auch als Prädatoren auf die Rebhühner und andere Bodenbrüter wirkender Vogelarten stark zugenommen.
In den 70er Jahren verstärkte sich der Rückgang mit der beginnenden Intensivierung der Kulturlandschaft (Flurbereinigung). Dies wird anhand der Jagdstreckenstatistik sichtbar, jedoch lässt sich der tatsächliche Populationsrückgang daran nicht ermessen.

 Anbauentwicklung: Entwicklung der Stilllegungsflächen und Brachen und des Maisanbaues in SH von 2003-2011. Datenquelle: Statistikamt Nord 2004-2011.Um wissenschaftlich belegte Populationsgrößen zu erlangen, wurden ab 1995 vom WildTierKataster landesweite Rebhuhnkartierungen in einem Turnus aus Erfassungen im Frühjahr – Herbst – Frühjahr in einem vierjährigen Rhythmus durchgeführt. Zur genaueren Überwachung der Populationen wurde aber ein leistungsfähigeres Monitoringsystem erforderlich, das neben der jährlichen Brutvogelerfassung auch die Reproduktionserfolge bis zu den Herbst- und Wintermonaten überwacht. Dies soll mit dem neuen Rebhuhnreferenzsystem geschaffen werden. 

 

 

Umsetzung  

Rebuhn - von Birte Keil

2009 wurde das neue Referenzsystem für das Rebhuhn eingeführt. Es bestand dabei eine enge Kooperation mit dem 2014 abgeschlossenen INTERREG –Projekt der Fehmarnbelt – Region. Dieses Projekt „Wildtiermanagement und Naturschutz in der Fehmarnbeltregion“ hatte den Schutz des Rebhuhns und seines Lebensraums „Agrarlandschaft“ zum Ziel. Die Auswahl der landesweiten Referenzreviere ist allerdings noch nicht abgeschlossen, es werden weiterhin Mitarbeiter aus der Jägerschaft gesucht. Ziel ist es, in mindestens einem Revier aus jedem Hegering des Landes eine jährliche Bestandserfassung des Rebhuhns im Frühjahr und Herbst durchzuführen. Dabei wird angestrebt, über die Referenzreviere im Hegering mindestens 700 ha Fläche zu erfassen, um statistische Berechnungen durchführen zu können. Die bisher durchgeführten landesweiten Kartierungen sollen weiterhin im zehnjährigen Zyklus stattfinden, um Referenzzahlen zu erhalten und die Zuverlässigkeit der neuen Bestandshochrechnungen abschätzen zu können. 

Fasanhenne mit Küken - von Birte Keil

Als weitere Art wurde der Fasan (Phasianus colchicus) in das Referenzsystem aufgenommen. Obwohl der Fasan jagdlich von großem Interesse ist, ist die langfristige Populationsentwicklung nur unzureichend erforscht. Immer wieder wurde ein starker Rückgang vorhergesagt, der aber bisher nicht mit Fakten belegt werden konnte. Gerade über die Sinnhaftigkeit der seit vielen Jahrzehnten durchgeführten Auswilderungen gezüchteter Tiere zur Bestandsstützung ist wenig bekannt. Gleiches gilt für das Rebhuhn. Auch hier werden immer noch Tiere ausgesetzt, ohne jedoch die Zusammenhänge der großräumigen Populationsentwicklung zu kennen. Auch die genetische Abgrenzung und Besonderheit der hier ursprünglich heimischen Unterart Perdix perdix sphagnetorum wird mit den Aussetzungen empfindlich beeinträchtigt, da die Herkunft der Zuchttiere kaum berücksichtigt wird und in vielen Fällen unbekannt ist.

Als dritte Hühnervogelart wird angestrebt, die Wachtel (Coturnix coturnix) in das Referenzsystem aufzunehmen. Die Art spielt jagdlich in Schleswig-Holstein keine Rolle, ist aufgrund starker Rückgänge jedoch aus Schutzgründen relevant. Die Lebensraumansprüche sind dem Rebhuhn ähnlich. Die Wachtel zeigt in Mitteleuropa starke Bestandsschwankungen, die vermutlich auf Witterungsverläufen und Klimaschwankungen beruhen. Sie erreicht in Schleswig - Holstein ihre nordwestliche Verbreitungsgrenze und ist als wärmeliebende Art im Südosten des Landes stärker vertreten.

 Wachtel - von Frank HeckerDie Wachtel zeigt zudem starke Wanderaktivität und ist sowohl als Kurzstrecken- als auch Langstreckenzieher bekannt. Auch als Invasionsvogel tritt die Wachtel in Erscheinung. So werden die heimischen Bestände durch Durchzügler ergänzt, welche oft erst im Juni und Juli aus dem Mittelmeergebiet einwandern. Über die Reproduktionsraten ist kaum etwas bekannt und es ist aufgrund der heimlichen Lebensweise kaum möglich rufende Männchen auf Weibchensuche von brütenden Tieren zu unterscheiden. Es ist deshalb bisher unklar, wie die Wachtel systematisch erfasst und im Bestand eingeschätzt werden kann.

 

 

Ziele  

Synergien im Artenschutz - Blühende Ackerflächen (Vertragsnaturschutz) als Lebensräume für Rebhühner (Perdix perdix) in Schleswig-Holsteins

Konventioneller Biogas-Mais neben Blühstreifen, 1-jährig im Kreis Plön 2013

Das Projekt dient der Populationsstützung des Rebhuhns im Rahmen des Artenhilfsprogramms des Landes Schleswig-Holstein. Darüber hinaus folgt es dem Agrarumwelt- und Vertragsnaturschutzprogramm „Ackerlebensräume“ des Landes Schleswig-Holstein und würde es mit hoher Wahrscheinlichkeit ermöglichen, wesentlichen artenschutzfachlichen Zielen für die Tierart Rebhuhn näher zu kommen. Das Projekt wird – unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Pilotprojekts „Erprobung von speziellen landwirtschaftlichen Bewirtschaftungsmaßnahmen zur Schaffung von zusätzlichen Lebensräumen für Rebhühner (Perdix perdix) als Leit- und Charakterart in der Agrarlandschaft” - eine „rebhuhnfreundliche“ Bewirtschaftungsmaßnahme (Aktive Ansaat von 1- und 2- jähriger, niedriger Wildkraut-Blühmischung (Regiosaatgut) auf Ackerflächen anbieten.

Aktueller Stand Ergebnisse Monitoring 2014

  Vorkommen Rebhühner nach Referenzgebieten 2014

 

Infofilm der Abteilung Naturschutzbiologie Universität Göttingen  

Film (Titel des Films "Retter des Rebhuhns")

Weitere Infos zum Schutzprojekt der Universität Göttingen, Abteilung Naturschutzbiologie unter www.rebhuhnschutzprojekt.de.

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