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Rothirsch (Cervus elaphus)

 

Lebensraum (Habitat) und Lebensweise

Ursprünglich in offenen Steppen, lichten Auwäldern und Heidelandschaften beheimatet, wurde das Rotwild in Deutschland in geschlossene Waldgebiete zurückgedrängt. Es bevorzugt jedoch vielfältige Lebensräume in denen Hochwälder mit Niederwald und Sumpfgebieten wechseln. Daneben sind es Weiden und Felder, die ihm in der warmen Jahreszeit als Futterplätze dienen. Als winterhartes Wild kommt es auch mit alpinem Gelände bis in Höhenlagen von 2500 m zurecht. Weibliches Rotwild lebt in Rudeln mit ausgeprägten sozialen Strukturen. Es kann im geeigneten Biotop sehr große Rudel mit weit über 100 Tieren bilden. Diese sind eine matriarchalische Gesellschaft mit hierarchischem Gefüge, zu der sich gelegentlich auch junge Hirsche gesellen. Ältere Hirsche schließen sich in der Zeit des Geweihwachstums zu Hirschrudeln zusammen. Das Rotwild hat traditionell große Wanderbewegungen vollzogen.
Als Mischäser mit Tendenzen zum Raufutterverwerter weidet das Rotwild am liebsten Gräser und Kräuter offener Strukturen. Zu seiner Hauptäsung zählen Gräser, Nadelholztriebe, Triebspitzen, Früchte, Blätter, Rinde, Farne, Moose und Pilze. Es benötigt ca. 10 bis 15 kg Pflanzenmasse pro Tag. Wenn Rotwild häufig gestört wird, sich in Walddickungen zurückzieht und dadurch einen erhöhten Energiebedarf hat, schält es vielfach die Rinde von Bäumen als Nahrung, was zu entsprechenden Schäden führt.
Die Paarungszeit beginnt im September. Dann versuchen sich die starken Hirsche als „Platzhirsch“ durchzusetzen und einen Harem aus brunftigen Weibchen zusammenzuhalten. Männliche Konkurrenten werden in erbitterten Kämpfen vom Rudel ferngehalten, wobei sich das Rotwild nicht im eigentlichen Sinne territorial verhält, sondern ihre Gruppe verteidigen. Leittiere (erfahrene Weibchen) verteidigen ihr Rudel gegen fremde Zuwanderer und Hirsche verteidigen nur in der Paarungszeit (Brunft) ihre Rudel, jedoch nicht ihr Territorium. Der Rang innerhalb der sozialen Ordnung des Rudels wird dabei von der Mutter auf die Kälber verliehen. Kommt ein Alttier um, verliert das Kalb seinen Rang und wird vom Rudel verstoßen. Mitte Mai bis Anfang Juni bringt das Alttier in der Regel 1 manchmal auch 2 Junge zur Welt, die sich durch das charakteristische gepunktete Fell kennzeichnen.
Nach dem fast vollständigen Aussterben der großen Raubsäuger, vor allem des Wolfes in Mitteleuropa, wird der Rotwildbestand nur noch durch menschliche Aktivitäten, Krankheiten oder Witterungseinflüsse reguliert.

Vorkommen

Der Rothirsch ist in Zentraleuropa von Frankreich bis Russland und von Südschweden bis zum Balkan verbreitet. In Südspanien existieren ebenfalls bestätigte Vorkommen. Die Populationen in Großbritannien sind genetisch wohl keine reinen Rothirschbestände mehr.
In Schleswig-Holstein kommt das Rotwild lediglich in verinselten kleinen Gebieten vor, die vom Herzogtum Lauenburg über Duvenstedt bei Hamburg bis auf die Geest südlich des Nord-Ostsee-Kanals reichen. Die Vorkommen des Rotwildes sind durch Barrieren wie dem Nord-Ostsee-Kanal, vor allem aber große Verkehrstraßen, voneinander getrennt (Tillmann & Reck 2003). Nördlich des Kanals gibt es ein Vorkommen in direkter Nähe zum Kanal und seit wenigen Jahren ein Vorkommen an der dänischen Grenze, das sich aus den nach Süden vordringenden dänischen Population gebildet hat.
In Schleswig-Holstein, wie in allen anderen Bundesländern außer dem Saarland, sind behördlich rotwildfreie Gebiete ausgewiesen. Ohne weitere Abschussplanung ist Rotwild dort zu erlegen. Dieser Umstand schränkt die Wanderungen, die insbesondere von jüngeren, geschlechtsreifen Tieren unternommen werden zusätzlich ein, so dass ein genetischer Austausch zwischen den Teilpopulationen heute kaum möglich wird.

Populationsentwicklung

Früher zogen sich die Fernwechsel des Rotwildes durch den ganzen europäischen Raum und stellten eine ausreichende genetische Durchmischung sicher. Heute ist das Rotwild vor allem in Deutschland auf isolierte Inselpopulationen zurückgedrängt, zwischen denen Regionen liegen, die als „rotwildfrei“ gelten. Dort wird Rotwild grundsätzlich bejagt, so dass die Bestände sich nicht mehr austauschen können und dadurch Inzuchtschäden und genetische Verarmung drohen.
Die Rotwildpopulation in Schleswig-Holstein ist konstant.

Status

Das Rotwild ist eine heimische Art, dessen Population durch Bejagung konstant gehalten wird. Es zeigen sich durch die starke Isolation der einzelnen Kleinstvorkommen erste Inzuchtfolgen (Zachos 2007). Das Rotwild muss daher als gefährdet eingestuft werden.

Literatur

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